Suche
Close this search box.

Weltumsegelung Erfahrungsbericht: #1 Mittelmeer – Pleiten, Pech & Pannen

– TEIL 1 –

Von Nidri nach Palermo

Humor ist, wenn man trotzdem segelt!

 

Das trifft den Nagel auf dem Kopf! In diesem Zweiteiler, erzähle ich dir die Geschichte meines allerersten und katastrophalen Segelerlebnisses, quer durch das Mittelmeer – zwischen Neptun, Poseidon und den Säulen des Herkules.

Daten von OpenStreetMap – Veröffentlicht unter ODbL

DER START IN GRIECHENLAND

Begonnen hat alles im Frühjahr 2019. Wir haben nach langer Suche unser Segelboot, eine Dehler 38,  in Nidri gefunden. Wir besuchten das Schiff, unsere spätere Lagertha, zweimal um kleinere Reparaturen durchzuführen. Bevor Julias Papa und ich, sie dann im Juli vom Trockendock ins Wasser ließen und bis zu unserem geplanten Etappenziel nach Denia segeln wollten. Ich war bis zu diesem Zeitpunkt noch nie auf einem Segelboot, aber ich hatte auch keine Bedenken, dass  irgendwas großartig schief gehen könnte.

 

Die Lagertha ins Wasser zu lassen, ging zügig von statten, aber nach dem starten des Motors und dem Einlegen des Gangs, sind schon die ersten Probleme aufgetreten. Irgendwas ist mit der Schraube nicht in Ordnung. Also wieder raus und nachsehen. Problem war die Sailprop Schiffsschraube. An sich was Feines, wenn sie funktioniert. Wir hatten in der Werft helfende Hände und zusammen (scheinbar) das Problem gelöst.

„Passt“, dann wieder rein ins Wasser und testen. Eigentlich lief alles, bis darauf, dass der Vorwärts- und Rückwärtsgang vertauscht war. Dies ließ sich leicht lösen. Einfach die Bautenzüge am Gashebel getauscht und schon fuhren wir in die richtige Richtung. Nach diesen Startschwierigkeiten, hätten eigentlich schon alle Alarmglocken klingeln müssen. Irgendwas stimmt hier nicht. Dazu aber später mehr.  Wir wollten einfach los, weil wir einen recht straffen Zeitplan hatten. Julia und ihre Mama, wollten in 2 Monaten auf Ibiza zusteigen.

Getrieben vom Reisefieber und der Freude, dass es endlich losging, setzten wir am nächsten Tag Kurs Richtung Italien – Ziel war Sardinien. Die Abfahrt war traumhaft. Keine Wolke am Himmel und 30 Grad im Schatten. Bei meinem ersten Ablegemanöver ging ich erstmal baden. Anfängerfehler! Ich hielt mich am falschen Tau fest. So hatte ich meine Taufe schneller als gedacht.

 

Nach der Bucht von Nidri, fuhren wir südlich an der Insel Kefanolina vorbei, um dann auf das offene Meer Richtung Sizilien zu fahren. Während dieser Strecke, hatten wir schon ab und zu bemerkt, dass der Motor an Leistung verlor. Dem hatten wir aber erstmal keine besondere Beachtung geschenkt. Wir waren ja schließlich auf einem Segelboot. Wir hissten die Segel und so schipperten wir mit einer leichten Prise und Rückenwind Richtung Westen.

Schlagartig ging es mir hundeelend. Es hatte mich schon wieder erwischt. Diesmal war es nicht das Wasser, sondern die Sonne. Vor lauter Aufregung und Freude, hüpfte ich ohne Sonnenschutz auf dem Boot rum. Durch den Fahrtwind merkte ich keinerlei Anzeichen, dass ich mir einen Sonnenstich eingehandelt hatte. So verzog ich mich erstmal unter Deck und lag zitternd in meiner Koje. Zum Glück war der Sonnenstich nicht so schlimm und am Abend fühlte ich mich wieder relativ fit. Auch die Befürchtung, dass ich seekrank werde, bestätigte sich bis dato noch nicht.

DIE ALLERERSTE NACHTFAHRT

Kaum war die Nacht angebrochen, ging es los mit dem Wind. Er frischte immer mehr auf, bis wir mit 40 Knoten zu kämpfen hatten. Das war ein ganz schöner Höllentrip, den wir aber gut überstanden. Einziger Verlust, war der Anker, der wohl nicht richtig gesichert war. Für mein erstes Mal am Steuer und dazu noch eine Nachtfahrt, war ich schon ein bisschen stolz, dass ich das so gut gemeistert hatte. Nachdem die See wieder ruhiger war und die Sonnen am Horizont aufging, wurde mir schlagartig schlecht. „Na super, jetzt bin ich doch seekrank“. „Die ganze Nacht bei 4 Meter hohen Wellen nix gemerkt und kaum wird’s ruhiger – zack! Fische füttern“. Vielleicht hatte das mit dem Adrenalin zu tun?!

 

Aber sei´s drum. Aus dem Schlimmsten waren wir draußen. Ich schaltete den Autopilot ein, um ein bisschen entspannen zu können. Das rächte sich aber schon nach kurzer Zeit. Zum einen war der Verbrauch unserer Selbststeueranlage recht hoch, zum anderen hatten wir doch ein bisschen mehr Wasser im Schiff als gedacht. Die 300A Batterien wurden nass und gaben den Geist auf. Außerdem brachten die Solarpanels nicht die gewünschte Leistung. Doof nur, dass ich ja der Bordelektriker bin, der sich um so etwas kümmern soll.

Daran war aber in diesem Moment nicht zu denken. Ich lag in meiner Kabine mit den typischen Allüren. „Ich will nicht sterben“ und dann „bitte lass mich endlich sterben“. Nach zwei Tagen im Delirium, ging es mit mir wieder bergauf. Ich machte mich an die Arbeit und erkannte das Problem recht schnell.Wir hatten einiges an Wasser in der Bilge  und durch die Wellen schwappte es so hoch, dass es auch die Batterien erwischte. Die Sicherungen fabrizierten einen Kurzschluss. Als ich realisierte, wie viel Wasser nach dem Höllenritt  im Salon stand, musste ich schlucken.  

HILFLOS VOR KALABRIEN

Nachdem ich die Elektrik wieder auf Vordermann gebracht hatte, schlitterten wir ins nächste Chaos-Abenteuer. Jetzt hatten wir keinen Pfurz von einem Wind – absolute Flaute. „Ok, dann schmeißen wir halt den Motor an und weiter geht’s.Tut den Batterien auch ganz gut, wenn sie wieder geladen werden“. Denkste! Jetzt rächte es sich, dass wir uns in Nidri nicht weiter um dem  Sailprop und dem Gashebel gekümmert hatten. Sobald der Gang drin war, starb der Motor ab. Um es kurz zu halten.  Die Schiffsschraube war falsch eingestellt und bei Wellengang, war der Widerstand der Blätter zu hoch.

Das Problem mit der Motorleistung hatten wir, wie oben schon erwähnt, bereits in Nidri. Da war das Wasser aber spiegelglatt und deshalb starb uns dort der Motor nicht ab.

 

30 Seemeilen vor der Küste Kalabriens, bewegten wir uns  4 Tage nicht vom Fleck. Wir wollten es doch einfach nur an die Küste schaffen, um dort auf der Werft, das Problem zu beheben.

 

Ich muss ehrlich gestehen, dass die Zwangspause von 4 Tagen auf See, dazu geführte, dass ich nicht das Handtuch warf. Ich wollte nach der Nachtfahrt, den Motorproblemen und der Seekrankheit eigentlich nur noch runter vom Boot und die Sache für mich vergessen. Die Schnauze hatte ich gestrichen voll. So hatte ich mir das Segeln ganz und gar nicht vorgestellt. Besonders nicht den Einstieg. Weil ich aber auf See nicht einfach aussteigen konnte, kam mein Ehrgeiz langsam wieder zurück. „Ich lass mich doch von den paar Problemen nicht unterkriegen!“

Ich war zwar wieder motiviert, aber für das Windproblem hatten wir immer noch keine Lösung. Uns kam die Idee, mit der Kreuzer-Abteilung in Sizilien, Kontakt aufzunehmen. „Vielleicht habe die ja eine Idee, oder kennen jemanden, der uns kostengünstig abschleppt“?

 

Leider ging das Telefonat total schief – oder eben auch nicht. Denn plötzlich kam die Italienische Küstenwache an, die anscheinend die nette Frau aus Sizilien geschickt hatte. Die Jungs von der Küstenwache, waren natürlich nicht sehr erfreut, wegen so einer Lapalie gerufen zu werden. Die dachten sich bestimmt, dass da absolute Vollpfosten am Werk sind. Nachdem Bordmechaniker sich unseren Motor angesehen hatten, bekamen sie wohl doch Mitleid und schleppten uns in den Hafen von Rocella Jonica .

Im Hafen angekommen, bekamen wir von Oberkommandanten erstmal eine ordentliche Standpauke, in einem Mix aus Englisch und Italienisch (zum Glück verstand ich nicht alles). Er hatte natürlich vollkommen Recht. Für so eine Aktion, ist die Küstenwache nicht da. Aber mal ehrlich, wenn du in meiner Situation gewesen wärst, hättest du sie wieder weg geschickt? Wahrscheinlich auch nicht! Nachdem er all seinem Ärger Luft gemacht hatte, verbesserte sich seine Stimmung langsam. Er checkte das Wetter der kommenden und vergangenen Tagen. Da musste er lachen und sagte, dass wir noch sehr viel länger vor der Küste getrieben wären. Seine einzige Auflage bestand darin, dass er uns erst wieder ablegen lässt, wenn wir eine Bestätigung eines Mechanikers  bringen, der das Problem lösen konnte. Wir hatten mehr Glück als Verstand. Die Abschlepp-Aktion, hätte richtige teuer werden können.

WENN ITALIENER FEIERN...

Natürlich mussten wir ausgerechnet an einem Feiertag in Italien stranden. Nein! Kein Feiertag, sondern eine ganze Feierwoche. Also erstmal 5 Tage warten, bis unser Schiff aus dem Wasser gehoben wurde. Wir hatten, wie nicht anders zu erwarten, ein totales Kommunikations-Problem. Der Mechaniker wollte irgendwas am Getriebe oder der Welle tauschen, oder was weiß ich. Wir wollten aber nur die Schiffsschraube wechseln. Zum Glück, hatten wir den Original-Propeller an Bord gefunden, aber leider ohne passende Mutter.

Um die Geschichte abzukürzen, die fast 14 Tage dauerte, am Ende „klauten“ wir uns von einem anderen Boot, dass auf der Werft stand, die passende Mutter. Natürlich nahmen wir Kontakt mit dem Eigner auf und überwiesen ihm das Geld für eine Neue. Nicht das beste Geschäft, aber wir konnten endlich weiter. Unterm Strich verschwendeten wir, fürs Boot raus und wieder einheben, inklusiv 15 Minuten Schraube wechseln, 14 Tage und ein Haufen Geld. Aber dafür waren die Pizzen lecker. Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass wir wieder die Bautenzüge tauschen mussten. (vorwärts/rückwärts) ;).

DIE STRASSE VON MESSINA, BIS (FAST) NACH PALERMO

„So, weiter geht’s! Motor läuft! Alles super!“ Kurs auf die Straße von Messina. Eigentlich ganz klar, dass wir wieder Motorprobleme hatten. Diesmal streikte er aber erst nach einer Stunde Laufzeit. Nach etwas Warterei, ging er dann wieder für 1 Stunde, und so weiter. Wir tippten auf ein Hitze Problem. Ich schäme mich jetzt schon, wenn ich dir später den wahren Grund für die Problematik verrate. Gut, dann eben wieder segeln. Die Nacht verbrachten wir mit kreuzen durch die Straße von Messina. Das klappte super! Nur zweimal kamen wir Fähren sehr nahe. Ich konnte fast schon die Logos auf den Turnschuhen der Passagiere erkennen.

 
 

Diesmal hatten wir richtig Glück mit dem Wind und  segelten entspannt und mit Spaß in Richtung Palermo. Kurz vor Palermo, fand ich durch Zufall einen kleinen Fischhafen namens Porticello, der glücklicherweise einen Volvo Penta Spezialisten direkt im Hafen hatte.  „Den schickt der Himmel!“ Wir fuhren bis kurz vor den Hafen und ankerten die erste Nacht. Am nächsten Morgen, ging es sofort zu der Werkstatt, um zu fragen, ob wir in den Hafen einlaufen dürfen und er uns helfen kann. Die Mechaniker und Fischer, empfingen uns alle sehr freundlich – Italienisch halt! Wir quetschten die Lagertha zwischen die Fischerboote und gingen schnurstracks in die nächste Kneipe. Da gönnten wir uns einen kräftigen Schluck. Das hatten wir uns jetzt verdient und bitter nötig. Da merkten wir erst, wie kräftezehrend der Trip eigentlich war. 

KLEINER FEHLER, GROSSE WIRKUNG

So! Und jetzt komme ich zur heiß ersehnten Auflösung, warum der Motor ständig schlapp machte. DER DIESELHAHN WAR ZU! Anscheinend machten wir oder der Mechaniker in Rocella zu und keiner dachte daran ihn wieder auf zu machen. Aber auf die Idee wäre ich in hundert Jahren nicht gekommen. Der Motor lief deshalb immer eine Stunde, weil er den Rest aus dem Dieselfilter saugen konnte. War der Filter trocken, ging der Motor wieder aus. Nach einer Wartezeit von 1-2 Stunden, füllte sich der Filter wieder mit Diesel und so funktionierte es dann wieder eine Weile. Ich weiß bis heute nicht, wie sich der Filter bei geschlossenem Benzinhahn von alleine füllen kann. Vielleicht lag es am Unterdruck oder dem Vakuum im Filter?!

LEBE WOHL LAGERTHA

Weil wir uns so gut mit den Fischern und ansässigen Gastronomen verstanden, erlaubten sie uns, das Schiff für einen Monate in dem Fischerhafen kostenlos zu parken. Ich musste nämlich dringend heim. Das Oktoberfest, auf dem ich jedes Jahr arbeite, stand vor der Tür. Eine ideale Gelegenheit meine Reisekasse aufzufüllen.

Julia hatte zwischenzeitlich ihren letzten Arbeitstag und stand schon in den Startlöchern. So gab es einen fliegenden Wechsel. Aber anstatt nach Ibiza, wie anfangs gepant, ging es für sie nach Palermo. Ihr Papa und Julia segelten weiter Richtung Westen, bis ich nach dem Oktoberfest-Job in Denia wieder zu stieg.

 

Und wenn du jetzt glaubst, meine Pechsträhne hatte nach Palermo ein Ende, hast du dich geirrt. Dazu aber mehr im zweiten Teil: „Humor ist, wenn man trotzdem segelt“!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Artikel vom 27. Mai 2020

Julia & Tobi

Servus! Wir haben das Reisen zu unserem Leben gemacht und verdienen mit ortsunabhängiger Arbeit unsere Brötchen. Du findest das mega und liebäugelst mit diesem Lifestyle? Bist dir aber noch unsicher und willst mehr darüber erfahren? Dann bist du hier goldrichtig! Schau dich jetzt auf unserer Seite um und melde dich, wenn du Fragen hast. Cheers Julia & Tobi

Inhalt

Wir unterstützen

Kategorien

Unterstütze uns

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner